Interview mit Silke Katharina Weiler
Seit wann schreibst du und was liebst du daran?
Den Wunsch in mich hineingepflanzt haben die „Unendliche Geschichte“ und die Tatsache, dass mein Opa geschrieben hat, was ich Jahre nach seinem frühen Tod erfahren habe. Im Teenageralter tauchten die ersten Figuren aus „Das Erbe Bereliens“ in meiner Fantasie auf und der Plot trieb zarte Knospen. Dann kam die Realität wie ein Frost: Studium, Familie gründen, Geld verdienen, zu allem Übel noch ein Festplattencrash ohne Backup … die Knospen waren dahin. Seit 2012 befasse ich mich ernsthaft mit dem Schreiben und konnte mein Herzensprojekt „Das Erbe Bereliens“ mit zwei Bänden in die Buchwelt entlassen. Seitdem arbeite ich, wann immer es mir möglich ist, an meinen Romanen und Kurzgeschichten. Ich liebe den Schreibprozess mit seinen dunklen Tälern und sonnengeküssten Gipfeln: von den ersten Wörtern, die sich mühsam auf die leere Dokumentenseite quälen, über den Flow, die Verzweiflung, weil jedes Wort wirklich Mist ist, die Erkenntnis, dass nicht jedes Wort wirklich Mist ist, den Moment, wenn Figuren ihr Eigenleben entwickeln, bis hin zu dem erstaunten Blick über die Schulter am Ziel, zurück auf das Gelände, durch das ich mich erfolgreich gekämpft habe.
In welchen Genre schreibst du?
Ich bewege mich im weiten Feld der Phantastik. Meine Romane sind in der Low-Fantasy angesiedelt und haben einen hohen Abenteueranteil. In meinen Kurzgeschichten schnuppere ich gerne in Genre wie Mystery oder Fantasy-Romance, je nach Thema der Ausschreibung.
Hörst du Musik während des Schreibens?
Selten. In der Regel brauche ich beim Schreiben Ruhe. Manchmal bringe ich mich vorher durch Musik in Stimmung, gerne mit etwas Orchestralem und Epischem wie Soundtracks zu Fantasyfilmen.
Darfst du bei den Covern mitbestimmen?
Ja. Das ist die schöne Seite an meinem Dasein als Selfpublisherin, dass ich diesen enormen Einfluss auf das fertige Werk habe. Während ich die Cover für „Das Erbe Bereliens“ und die erste Auflage von „Stadt ohne Nacht“ selbst gestaltet habe – und im Falle von „Das Erbe Bereliens“ immer noch zufrieden bin –, habe ich bei „Åsa Stryg – Winterblume“ und der Neuauflage von „Stadt ohne Nacht“ mit Renee Rott (@cover.and.art) zusammengearbeitet. Das war entspannt und spannend zugleich, weil meine Änderungsvorschläge aufgegriffen, aber eben im Stil des Designers umgesetzt wurden. Zu beobachten, wie sich die Cover von der ersten Idee bis zum fertigen „Endprodukt“ entwickelt haben, war hat mich gefordert (z.B. Wünsche verständlich zu formulieren …) und mir zugleich großen Spaß gemacht.
Dein neuster Roman ist gerade als Neuauflage erschienen? Beschreibe den Gedanken zur Geschichte, den Charakteren und zum Setting?
„Stadt ohne Nacht“ ist im Kern eine Geschichte über Akzeptanz, Zusammenhalt und Zusammenraufen bis hin zum Überwinden gravierender Differenzen, um einer größeren Bedrohung zu begegnen. Der Plot zwingt Figuren, die sich als Todfeinde betrachten, dazu, miteinander zu kooperieren. Erzählt wird die Handlung aus den Ich-Perspektiven der Protagonist*innen Ala und Dexter und sie spielt in Realtaris, der Stadt ohne Nacht, in einem pseudomittelalterlichen Setting. Ein fanatischer Orden führt dort das Regime und eine Lichtsäule göttlichen Ursprungs ist das weithin sichtbare Zeichen seiner Macht. Dieser Orden verfolgt und foltert Menschen, die über besondere Fähigkeiten verfügen oder ein von der Norm abweichendes Aussehen aufweisen. Eine kleine Gruppe solch besonders begabter Figuren tut sich mit meiner Protagonistin Ala zusammen und bietet dem Orden die Stirn. Doch der Weg dorthin ist steinig und geht noch steiniger und dorniger weiter. Die Entwicklung der Charaktere beinhaltet etliche Themen, die mir wichtig sind, und Ala bringt es in einer Szene wie folgt auf den Punkt: „… mit jeder Heilung bekam ich einen tieferen Einblick in das, was uns einte. Ich spürte das Feuer des Lebens durch unsere Adern rauschen, ob bei dem kleinen Dunjav, bei Dexter oder dem Trunkenbold aus dem Hinterhof, geboren aus dem gleichen Funken, der bei unserer Geburt in jedem von uns entfacht wurde, wie gering oder edel unsere Herkunft auch sein mochte. Ob Mann oder Frau, Greis oder Kind, Fürst oder Bettler, es war das gleiche Licht, das uns alle antrieb, das wieder erlosch, wenn unsere Zeit abgelaufen war, ausnahmslos, ohne Unterschied.“ Nebenbei bevorzuge ich Charaktere, die keine strahlenden Held*innen sind, sondern sich durchbeißen müssen mit all ihren guten und weniger guten Eigenschaften sowie den Paketen, die ich ihnen auf den Rücken schnüre.
Welcher deiner Charakter gefällt dir am besten?
In „Stadt ohne Nacht“ schwanke ich zwischen Sybill und Ebbi. Sybill hadert mit ihrer Begabung, auf die ich aus Spoilergründen nicht näher eingehe, da sie ihr eine normale Beziehung zu anderen Menschen erschwert. Sie ist kämpferisch, vorlaut, zugleich sensibel und hat einen tragischen Verlust zu verarbeiten. Letzteres ist der Grund, warum sie Alas Co-Protagonisten Dexter lieber tot als lebendig sehen würde. Und Ebbi ist einfach Ebbi. :o)) Mit ihren sechs Armen, der Fähigkeit, Spinnenseide zu produzieren, und ihrer Loyalität ist sie eine unschlagbare Gefährtin. Nur wenn sie beim Essen gestört wird, kann sie etwas ungemütlich werden … Über alle Werke hinweg ist Söldnerin Åsa Stryg aus „Åsa Stryg – Winterblume“ mein Lieblingscharakter.
Kommen weitere Bücher von dir raus?
Das hoffe und daran arbeite ich, wann immer es mir möglich ist. „Åsa Stryg 2“ befindet sich gerade in der Entstehung. Mein Wunsch war, den Roman dieses Jahr zu veröffentlichen, aber ich denke, ich muss realistisch bleiben und 2026 anpeilen. In der Schlange dahinter kappeln sich ein Urban Fantasy-Projekt, das in Paris spielt, und der dritte Band von „Das Erbe Bereliens“ um Platz 2. „Das Erbe Bereliens“ läuft ein wenig außer Konkurrenz und ist eher ein Projekt für mich. Diese Welt begleitet mich seit vielen Jahren und ich brauche mit Band 3 den Abschluss. Wenn sich Leser*innen dafür begeistern lassen, finde ich das natürlich wunderbar.
Was hast du dieses Jahr noch vor?
Ich habe mir drei Anthologieausschreibungen rausgepickt, an denen ich teilnehmen möchte. Bei einer heißt es „Daumen drücken“, bei den anderen beiden sind die Abgabetermine bereits unangenehm nahegerückt, ohne dass ich auch nur ein Wort getippt hätte. Ansonsten liegt der Schreibfokus 2025 auf dem zweiten Band von „Åsa Stryg“. Dazu kommen Buchmessen wie die „2. Stuttgarter Buchmesse“ am 22.02.. die LEIGA 2025 am 05.04., der Marburg-Con am 10.05., wenn ich einen Platz bekomme, und die FaRK am 17.05. und 18.05., an der ich zum ersten Mal teilnehme. Wenn ich dann noch Zeit finde, würde ich gerne an oben erwähntem Urban Fantasy-Projekt oder DEB 3 weiterschreiben. Ach ja, und die Werbung … da war doch was … Das ist ein Aspekt, der immer zu kurz kommt.
Wie ist dein Alltag als Autor?
Herausfordernd. :o)) Da ich parallel Vollzeit arbeite und eine Familie habe, gib es (zu viele) Tage, an denen ich diese drei Bereiche meines Lebens nur schwer miteinander vereinen kann. In der Regel versuche ich jeden Tag ein paar Worte zu schreiben. In der Realität kann es allerdings vorkommen, dass ich nach einem 8-Studentag nur noch paralysiert auf einen Cursor starre, der rhythmisch am Anfang einer leeren Zeile rumblinkt. In solchen Phasen helfen mir Rückblicke auf das, was bereits erschienen ist. Offenbar werden Projekte ja doch fertig. Und ich trage immer ein Notizbuch bei mir, um Szenen oder Ideen festzuhalten, wenn sich die Gelegenheit dazu bietet.
Was machst du beruflich?
Ich bin Teamleiterin im Kundenservice eines Kreditkartenprocessors. Diese Seite von mir ist im Vergleich zu meinem Autorinnen-Ich ungefähr der gegenüberliegende Pol. :o)) Es ist auf jeden Fall eine spannende Tätigkeit, die niemals langweilig wird.
Was sind deine Hobbies neben dem Schreiben?
Lesen, raus in die Natur (leider viel zu selten), Kino&Theater
Lieblings…:
…autor: Neil Gaiman, Michael Ende
…buch: Die Unendliche Geschichte, Die Wand von Marlen Haushofer, Niemalsland
…verlag: einige Kleinverlage wie Shadodex – Verlag der Schatten oder Torsten Low. Ich bin Anthologiefan und hier mache ich als Leserin kaum etwas verkehrt.
Links zum Autoren: www.silke-k-weiler.de