[Selfpublishing Buchpreis 2023 / 2024] Cornelia Lotter – Das Interview

– Stell dich noch einmal kurz in 2-3 Sätzen vor –
Ich bin eine Leipziger Autorin, die schreibt, seit sie den Stift halten kann. Seit acht Jahren nunmehr ausschließlich und seit einigen Jahren ausschließlich zu Themen, die in der Zeit des Nationalsozialismus spielen und oft reale Personen oder Ereignisse zum Inhalt haben. Ich publiziere in letzter Zeit verlagsfrei, habe aber auch einige Bücher bei Verlagen. Insgesamt habe ich über 80 Romane und Sachbücher geschrieben und veröffentlicht (auch unter 5 Pseudonymen). Ich bin Mitglied im Selfpublisher-Verband und im Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller, VS.

– Stelle dein Buch in max. 5 Sätzen vor –
In dem Buch finden sich die Erinnerungen von Frauen und Männern, die zusammen mit ihren Familien aus den sogenannten Ostgebieten am Ende des Krieges flüchten mussten oder vertrieben wurden. Oft ging das Eine in das Andere über. Es sind erschütternde Geschichten von Entbehrungen, Leid und Verlust. Verlust von Familienangehörigen, Verlust der Heimat, Verlust des Gefühls der Sicherheit und Zugehörigkeit. Die meisten der Interviewten waren zum Zeitpunkt der Flucht noch Kinder, für die der Marsch ins Ungewisse besonders traumatisch war.

– Beschreibe deine Reaktion auf die Nominierung –
Ich habe mich natürlich sehr gefreut, weil mir vor allem an diesem Buch sehr viel liegt. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe befand ich mich gerade an meinem Lieblingsort im Norden Teneriffas, wo ich immer wieder Kraft und Energie für weitere Projekte schöpfe.

– Erzähle uns von deinen Beweggründen das Buch zu schreiben –
Das Thema „Flucht und Vertreibung“ wurde ja schon oft in Form von Spielfilmen und Dokumentationen, natürlich auch Büchern – Romanen und Sachbüchern – behandelt. Was mir bis jetzt aber zu kurz gekommen ist, war das Ankommen der Flüchtlinge im Osten Deutschlands. Dort lief die Integration ja ganz anders ab als in der BRD. Auch das habe ich zum Thema des Buches gemacht und die Frage nach dem Ankommen war eine wichtige, die ich jedem meiner GesprächspartnerInnen gestellt habe. Nicht nur deshalb taucht sie auch im Titel auf. Außerdem hat mich die besondere Sicht auf die Kinder interessiert. Denn für die muss es ja besonders schwer gewesen sein, konnten sie doch all das überhaupt nicht verstehen. Es hat mich wirklich erstaunt, wie viel die Erwachsenen und teils hochaltrigen Personen – die Älteste war 96 Jahre – noch an Details aus dieser Zeit wussten. Wenn man heute in der Welt herumschaut, weiß man, wie aktuell dieses Thema leider wieder geworden ist.

 

– Deine Lieblingsszene im Buch sowie dein Lieblingscharakter –
Am meisten hat mich das Interview mit Erika Schirmer bewegt, die ich, 96-jährig, in ihrem Altersheim besuchte. Diese Frau hat das in der DDR allseits bekannte Kinderlied „Kleine weiße Friedenstaube“ geschrieben, dessen Entstehungsgeschichte ich ebenfalls im Buch erzähle. Auch die tragische Familiengeschichte des Neustrelitzers Wilfried Baganz, dessen Großmutter in einem dänischen Flüchtlingslager gestorben ist, nachdem sie auf der Flucht „verlorengegangen“ war, hat mich tief erschüttert. Von der Existenz dieser Lager und den Zuständen dort wissen ja nur die Wenigsten.

– Deine Meinung zur diesjährigen Longlist –
Ehrlich gesagt, habe ich mich nicht besonders damit befasst. Mich interessieren weder Kochbücher, noch Reiseführer oder Ratgeber.

– Deine Worte zu den Leser*innen –
Wenn meine LeserInnen mehr zu dem Thema Flucht und Vertreibung wissen wollen, empfehle ich den dazugehörigen Roman „Die falsche Heimat“, in dem ich mich von einer emotionalen Ebene dem Thema nähere und noch andere Aspekte hineinbringe. Vor allem auch den aktuellen.

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