[Frühlingsmarkt] Hilga Höfkens – Die falsche Lady für den Earl

Public Enquirer – Ihre Neuigkeiten in London 15. Oktober 1766

 

Liebe Leser, ich möchte mich vorstellen. Mein Name ist Perry Feather und ich interviewe für diese Kolumne die Menschen, die in unserer schönen Stadt von besonderem Interesse sind.

Heute treffe ich zwei Mitglieder des Hochadels in dem berühmten, und vielleicht auch etwas berüchtigten Eissalon The Pot and Pineapple im Berkeley Square No. 5.

Der Earl of Stourton, Gregory Royston, hatte uns und dem schönen London den Rücken gekehrt. Man munkelte, er sei verrückt geworden über den Tod seiner Ehefrau vor zwei Jahren. Aber ganz unter uns gesprochen, vielleicht hat er Lady Royston auch auf dem Gewissen. Nun hatte auch sein Vater einen Kutschenunfall – wer glaubt da noch an Zufälle – und er muss den Platz der Familie im Oberhaus einnehmen. Wer seine verbissene Mine sieht, kann kaum glauben, dass er das gern tut.

Nun, genug von meinen Spekulationen. Lassen wir ihn selbst zu Wort kommen.

 

„Mylord, bitte verzeihen Sie die Störung. Darf ich fragen, wer die Lady war, mit der Sie sich soeben so angeregt unterhalten haben? Ich sah, Sie haben gelacht. Laut. In der Öffentlichkeit. Ein Verhalten, das für Sie völlig untypisch ist. Können Sie unseren Lesern das erklären?“

„Oh, Sie kenne ich. Ihr Blatt verbreitet ja gern die unmöglichsten Gerüchte über mich. Lassen Sie sich nicht abhalten, zu schreiben was Sie wollen. Die Wahrheit würde doch hier nur stören.“

„Ich bitte Sie, nun bin ich zutiefst verletzt. Aber lassen Sie uns zu meiner Frage zurückkommen. Wer war die Lady mit dem zotteligen Jagdhund an ihrer Seite. Oder sollte ich fragen, wer war die Lady an Ihrer Seite?“

„Also das geht Sie gar nichts an. Sie gehört sicher nicht zu den Personen, über die Sie sonst in Ihrem Blatt herziehen. Hier in London kennt man sie gar nicht. Lassen Sie die Lady in Ruhe, oder Sie haben mit Konsequenzen zu rechnen!“

„Aha, so sehr mögen Sie die Dame bereits, dass sie das Gefühl haben, sie beschützen zu müssen. Interessant. Ich verabschiede mich und versuche die Lady mit Hund noch aufzuhalten.“

„Einen Moment, bitte bleiben Sie doch stehen, Mylady. Mein Name ist Perry Feather, wie darf ich Sie ansprechen? Ups der Hund, würden Sie den bitte zur Seite nehmen.“

„Alexandra Swan. Verzeihung, sollte ich Sie kennen?“

„Nun haben wir uns ja vorgestellt und kennen uns, Lady Swan. Sie kamen gerade aus dem Pineapple und haben sich dort mit Lord Royston getroffen. Wie stehen Sie zueinander.“

„Bitte was? Ich bin ihm dort ganz zufällig begegnet. Ich wollte eigentlich nur die Desserts bestellen, für den Ball meiner Schwester.“

„Ah, ein großer Ball am Horizont. Das interessiert unsere Leser natürlich. Verraten Sie mir doch bitte, wer Ihre Schwester ist.“

„Viktoria Swan, aber von dem Ball spricht doch ohnehin schon jeder.“

„Natürlich, Viktoria Swan, die Tochter des Viscount Milbourne, in ganz London bekannt als die Eiskönigin. Und das ist tatsächlich Ihre Schwester. Sie haben aber nicht viel Ähnlichkeit.“

„Nein, das habe ich nicht. Ich weiß ganz gut, dass sich weder so hübsch noch so begehrt bin, das müssen Sie mir nicht noch sagen. Ich wünsche Ihnen einen guten Tag.“

 

Und damit stapfte die entzückende Lady Alexandra aufgebracht davon, liebe Leser. Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Wir dürfen gespannt sein auf den Ball im Hause Milbourne mit den beiden jungen Ladys, der Eiskönigin und … nun, Lady Alexandra benötigt auch noch einen passenden Titel. Sie werden noch von ihr lesen.

Herzlichst Ihr P.F.

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